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Wasserbüffel, die Brücke von Andau und Licht aus!


Sonntag 19. Februar

Strecke: Fertöd – Pamhagen – Andau – Halbturn – Nickelsdorf

Streckenlänge: 79 km      Fahrzeit: 4 h 44 min

Um Punkt zehn Uhr steht Freund und Fotografen-Kollege Alexander Fortunat auf der Matte. Ein wunderbarer Reisebegleiter. Schluss mit Esterházy, wir verlassen Fertöd auf Schleichwegen in Richtung Pamhagen. Ein gelb-graues Asphaltband führt inmitten von Feldern durch den Seewinkel. Die Wasserbüffel-Farm am Wegesrand wirkt wie bestellt, klassisch, kitschig, romantisch. Pamhagen. Wallern. Alles fein asphaltiert. Auf der ungarischen Seite windet sich ein Pfad einen Entwässerungs-Kanal entlang, sehr erdig um nicht zu sagen gatschig, bis zur historischen Brücke von Andau. 1956 im Verlauf des ungarischen Aufstands flohen 70.000 Menschen über diese Überführung. Von ungarischen Soldaten gesprengt, gibt es inzwischen eine neue gemeinsam erstellte Erinnerungsbrücke, 2006 errichtet. Die Sonne ist unsere Zeugin auf all unseren heutigen Wegen. So viel zu den Highlights. Eine von zahlreichen Künstler_innen gestaltete Allee führt bis nach Andau. Ab jetzt wird es langsam ungemütlich, endlose Geraden, allerorts versteckte Grenzsoldaten auf der Suche nach illegalen Grenzgängern, die Sonne verschwindet und auf einmal – Licht aus. Das angestrebte Ziel Petrzalka liegt in weiter Ferne. Einziges Licht am Horizont die Jazz-Hauptstadt Nickelsdorf und die Zugverbindung nach Wien. Im Bahnhofs-Resti findet gerade ein Kinderfasching sein Ende. Die Raaberbahn führt uns sicher nach Bruck, die ÖBB weiter nach Wien. Der „Goldene Löwe“ spendet das letzte Erfrischungsgetränk an diesem wunderbaren Wochenende entlang des Eisernen Vorhangs …
Abendprogramm: Schuhe putzen.

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Männergesangsverein Assuan, endlose Ruhe und schon wieder Esterházy


Samstag 18. Februar

Strecke: Eisenstadt – Rust – Mörbisch – Fertörákos – Balf – Fertöd

Steckenlänge: 53 km      Fahrzeit: 2 h 45 min

Von Eisenstadt aus führt die Route über den Ruster-Berg in die zur Zeit von Störchen verlassene Storchen-Haupstadt Rust. Abseits von Störchen eine Kuriosität am Rande: In Rust trifft die Männersinggemeinschaft Assuan (Ägypten) auf den Männersingbund Rust (siehe Fotos). Die Zusammenkunft passiert in Form eines Wandbildes. Ein Radweg führt zwischen Wein und Schilf weiter bis in die Festspielstadt Mörbisch. Der ehemalige Eiserne Vorhang ist nicht mehr weit. Am einsamen Fahrrad- und Fußgänger-Grenzübergang friert sich ein alleingelassener Bundesheerler den Arsch ab. Der alternative Zivieldienst wäre sinnvoller als auch gemütlicher, aber das würde jetzt zu weit führen …
Für rastlose, sowie misanthropische Herzen bietet der Neusiedler-/Eiserner Vorhang-Radweg, gerade um diese Jahreszeit einen ruhespendenden Sehnsuchtsort. Menschenleere Radwege, Graugänse, Schilf und Wein. Kurz nach Mörbisch vereinigt sich der Neusiedlersee-Radweg mit dem Eisernen Vorhang-Radweg (www.eurovelo13.com). Eine teils holprige, dafür verkehrsarme Bundesstraße sowie ein romantisch verwurzelter Radweg führen durch ausgestorbene Dorf-Landschaften. Aber keine Angst, auch um diese Jahreszeit sind geöffnete Labestationen ausreichend vorhanden. Fertöd ist bald erreicht und schon wieder wartet ein Schloss, und schon wieder Esterházy!

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Stadtflucht Richtung Osten


Freitag 17. Februar

Strecke: Sigmundsgasse – Laxenburg – Hornstein – Eisenstadt

Streckenlänge: 60 km      Fahrzeit: 3 h 20 min

Zielsicher ist die viel zu kurze Schönwetterperiode rechtzeitig vor dem Wochenende abgebogen. Der gefasste Entschluss, das frisch aufgeputzte Brompton auszuführen, der steht. Nochmals Dank an den Service-Mann Dominik Mandl (Brompton Vienna Cooperative Fahrrad)!
Der Eiserne Vorhang lockt, auch zu dieser Jahreszeit. Die Zubringer-Etappe der Stadtflucht beginnt zach: Wien im Nieselregen. Die endlos lange Laxenburgerstraße. München-, Ebreichs-, Weigels-, die unlustige Dörfertour. Die Leitha trennt Niederösterreich vom Burgenland, mit der Überquerung der Landesgrenze wird das Verkehrsaufkommen entspannter und die Umgebung anspechender. Nur im Dorfgasthaus zu Wimpassing sorgt das gefaltete Brompton für Aufregung unter der Belegschaft, „dea trogt sei Radl, gö du bist a Weana“!
Die letzten Kilometer Richtung Eisenstadt führen ruhig und verschlungen durch den Wein. Angekommen in Eisenstadt stehen Haydnkirche und Schloss Esterházy Spalier. Freund und Optik-Greißler Jürgen stellt Bett und Erfrischungsgetränke zur Verfügung. Morgen wartet der Neusiedlersee und Ungarn.

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Ein Kranzerl, ein Ketterl, ein Spritzer, …


Montag 13. Jänner

… das klingt wie aus dem Delikatessen-Greißler. Im Rad-Feinkost-Laden der Cooperative Fahrrad (www.fahrrad.co.at) bekommt der Reiseradler wertvolle Tipps vom Profiradler und das Reise-Brompton nach rund 5.000 gefahrenen Kilometern entlang des Eisernen Vorhangs ein notwendiges Pflegepaket: neue Kette, neue Kranzerl, neue Bremsbackerl und ausreichend Spritzer Öl. Der Profiradler Dominik Mandl hat für jede noch so patscherte Frage des Reiseradlers eine kompetente Antwort. Unter Anleitung des Meisters wird das geschundene Faltrad nach allen Regeln der Kunst auffrisiert. Volle zwei Stunden wird gezangelt und geschmiert, alles nach Dienstschluss. Die Heimreise fühlt sich an wie ohne Treten, das Brompton radelt wie von alleine.
Danke Dominik!

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Zusammenfassung: Fasten in einer Genuss-Region


Sonntag 29. Jänner

Zeitig in der Früh haben wir unsere Hungerburg Richtung Wien verlassen. Obwohl, Mikulov sowie die Region Lednice-Valtice sind ein kleines Stück vom Paradies, zum Wandern, zum Radfahren, zum Weinverkosten, aber Fasten in einer Genuss-Region ist eine harte Nuss. Zurück nach Hause trieb uns die Aussicht auf einen Apfel zu Mittag, Erdäpfel am Abend, die eine oder andere Tschick. Und vielleicht auch ein kleines Bierchen?
Zusammengefasst: 6 Fastentage, zwei Radausflüge, 10 Wanderungen/Spaziergänge und 4,2 am Eisernen Vorhang hängengebliebene Kilo. Weiters der Vorsatz etwas maßvoller mit den „guten Dingen“ des Lebens umzugehen.

Servus, baba, die nächste Etappe entlang des Eisernen Vorhangs führt von Travemünde an der Ostsee zurück nach Wien und startet Mitte Juni.

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Eiseskälte, Supermarkt und ein Ersatzfoto


Samstag 28. Jänner

Karte

Letzter Tag! Stille Vorfreude macht sich breit, nur noch einmal schlafen. Heute noch ein letzter Stadtspaziergang durch Mikulov. Draußen ist es saukalt. Gefühlte 14, tatsächliche 8 Minusgrade. Es gibt nur wenige Straßen die noch nicht durchwandert sind, keine Ecke die fremd ist, kein Schleichweg der noch nicht entdeckt ist. Die Kombination von Schmuckkästchen und Ostflair kann bezaubern, trotz Eiseskälte. Als Endpunkt der Stadtflanerie steht ein Supermarktbesuch auf der Liste. Gesunde Sachen für den Sonntag! Es ist unfassbar wie ungerührt die gekauften, aber auch die anderen Schmankerl im Moment lassen. Kein Hunger, nur Gusto.
Der letzte Nachmittagsspaziergang führt nach Lednice. Dort haben sich die Lichtensteins auch wichtig gemacht: Ein rießiger Park, verschlungene Wasserwege, ein verspieltes Märchen-Schloss, ein Minarett, … Der Gipfel, schön anzuschauen und trotzdem vertrottelt, eine „künstliche“ Ruine. Das Beweisfoto muss ich leider schuldig bleiben, bei den vorhandenen Temperaturen hat der Akku den Geist aufgegeben. Das Ersatzfoto wurde drei Tage vorher geschossen, passt dennoch exakt. Aber jetzt schnell schlafen, morgen wartet feste Kost und noch eine Zusammenfassung.

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Wunschträume, Pollauer Berge und ’s scheene Lebm


Freitag 27. Jänner

Schön langsam wird es zach. Gedanklich sind wir schon längst zu Hause bei der ersten Nahrungsaufnahme, beim ersten Bier, bei der ersten Tschick. Nur der morgendliche Sonnenschein spendet Trost. Als Alternative zu Kalorien und Nikotin, eine Radtour und viel frische Luft. Es lockt das Landschaftsschutzgebiet Pálava und die Pollauer Berge. Das Pausengetränk als Belohnung für erkämpfte Anstiege bleibt der Kräutertee. Nur noch zwei Tage! Nach der Mittagszeremonie führt der Wille noch einmal in die harmonische Hügellandschaft der Pollauer Berge, diesmal zu Fuß. Am Höhepunkt der Schneewanderung stehen wir am Plateau der höchsten Erhebung, Děvín (Maidenberg, 554 m), mit dem Blick auf das „südmährische Meer“, die aufgestaute und zugefrorene Thaya. Scho schee ’s Lebm, auch in mageren Zeiten.

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Tägliche Rituale, Ausflug in den Märchenwald und zurück in die Realität


Donnerstag 26. Jänner

Die Ereignisse wiederholen sich: Nackte Füße im Schnee, in der Früh. Mikulov-Runde samt Berg, am Vormittag. Rote Rüben/Karotten-Saft, zu Mittag. Anschließend ruhen. Der Nachmittag wird kreativer gestaltet, der Landschaftsgarten Lednice-Valtice drängt sich auf. In diesem „Märchenwald“ hat sich das Haus Lichtenstein mit nicht immer ins Bild passenden Bauten verewigt. Mitten im Wald aus heiterem Himmel macht sich eine Art Triumphbogen groß – der Dianatempel, ebenso unvermittelt erscheint an einer Lichtung die Hubertuskapelle, am Waldrand auf einem Hügel thront eine Reistenkolonnade, nach dem Abbild der Wiener Gloriette. Ein Hauch von Disneyland, nur ohne Rosa und eingebettet in reale Natur. Am Nachhauseweg kreuzt auch noch ein Reh unseren Pfad, nein nicht Bambi, ein echtes. Ein roter Sonnenball zieht sich zurück. Im Licht der untergehenden Sonne wirkt alles noch unwirklicher, fast wie im Kino. Nichts wie zurück in die Fastenrealität, eine leere Suppe wartet.

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Schneefahrbahnen, Grenzblicke und das südmährische Meer


Mittwoch 25. Jänner

Tag drei, der Magen ist leer, der Hunger ist weg, nur der Gusto geistert durch die Gedanken. Es ist an der Zeit das Brompton zu entfalten um die Genusssucht im Kopf zu vertreiben. Am Grenzübergang Valtice – Schrattenberg, 14 Kilometer südöstlich von Mikulov, beherbergt das ehemalige tschechische Grenzgebäude ein „Museum des Eisernen Vorhangs“. Im Jänner natürlich geschlossen. Dafür gibt die Freiluftausstellung „Achtung.Staatsgrenze – Pozor.státní hranice“ des Fotografen Alex Halada, Einblicke in Perspektiven von Anwohner_innen beiderseits der Grenze, persönliche Blicke auf das was war und das was ist. Die Strecke dorthin verläuft teilweise auf noch stark verschneiten Nebenstraßen. Das Brompton macht auch in dieser Ausnahmesituation eine gute Figur, einzig der Fahrer ist mit dem ungewohnten Bodenbelag überfordert. Mittags wartet heute die Rote Rübe und als Nachmittagsprogramm lädt Dolní Věstonice am Fuße der Pollauer Berge auf einen Strandspaziergang entlang des „südmährischen Meeres“ (Aufstauung der Thaya) ein. Der Abend hat sein starres Programm: Wenn draußen das Kunstlicht angeht wird drinnen auf Ruhemodus umgeschaltet.

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Kneippen, Spazieren und Spiele statt Brot


Dienstag 24. Jänner

Mit den nackerten Füßen im Schnee beginnt der zweite Fasttag. Es dauert keine Minute bis es sticht, bis in den Kopf. Kneippen nennt sich diese Tortur. Sobald das Stechen nachlässt wird es wohlig warm. Für den Vormittag steht ein Stadtrundgang auf dem Programm. Das südmährische Mikulov liegt einen Katzensprung nördlich von Drasenhofen, gleich hinter der Grenze und präsentiert sich als Schmuckkästchen: Ein Schloss in der Mitte, daneben der Heilige Berg samt Kapelle, dazwischen altertümliche Gassen und an jeder Ecke lauert eine Verlockung: Kavárna, Hospoda, Vinotéka, … Apropos Wein, Mikulov ist neben Valtice eines der Weinbauzentren umzingelt von Riesling-Trauben. Themenwechsel, mittags steht heute ein „Vierterl“ von der Karotte auf der Karte. Nach der verordneten Mittagsruhe wartet der Heilige Berg und auf seinem Gipfel die Wallfahrtskirche des heiligen Sebastian. Keine Angst, fasten macht nicht gläubig, trotzdem der Ausblick ist – auch Grau in Grau – ein Traum. Statt in eine Gaststube führt der Weg zurück ins Appartment, intern „Hungerburg“. Spiele und Bücher ersetzen abendliches Kulturprogramm.